San Francisco und Covid 19

Seit März hat die Stadt ein “Shelter-in-place” verhängt. Das heißt, man soll zuhause bleiben soweit möglich, und auch von zuhause arbeiten wenn man nicht Teil der “essential workers” war (beschäftigt im Gesundheitswesen, im Supermarkt, Lieferservice etc.). Schulen wurden geschlossen, und Kitas hatten auch nur Notbetreuung. Die shelter-in-place Verordnung gilt bis heute, doch seit Juni wurde die Wirtschaft nach uns nach geöffnet. Kitas sind wieder geöffnet, aber die Schulen und Hochschulen sind nach wie vor geschlossen. Ein Datum für eine offizielle Erlaubnis zur Rückkehr zu den Büroarbeitsplätzen gibt es nicht. Die Arbeitsgeber stellen sich entweder darauf ein, dass die Büros bis Jahresende (oder darüber hinaus) geschlossen sind, oder rüsten ihre Büros um, um striktere Abstands- und Hygieneregeln einhalten zu können. Viele der großen Techfirmen haben bereits im März angekündigt, dass sie bis Jahresende Arbeiten von Zuhause beibehalten werden, manche werden ihren Arbeitnehmern sogar ermöglichen weiterhin von Zuhause zu arbeiten, wenn die Büros wieder geöffnet werden. Die Aussicht, für den Rest des Jahres weiterhin remote arbeiten zu können oder müssen, steigende Arbeitslosigkeit und soziale Isolierung haben vermutlich dazu geführt, dass eine signifikante Anzahl an Personen in den vergangenen Monaten aus San Francisco mit seinen horrenden Lebenshaltungskosten weggezogen ist. Die Mietpreise spiegeln diese Entwicklung wieder: 1-Bedroom (=2 Zimmer Wohnungen) haben den größten Preisabfall erfahren (12% im Juni). Auch die Wohnungen in Stadtteilen in der Nähe von Downtown (SoMa, Mission Bay) sind mittlerweile 19% günstiger. Nicht alle Stadtteile sind gleich betroffen, und mache Stadteile sind in der Pandemie sogar attraktiver geworden. In der Bay Area gibt es auch große Unterschiede: während die Wohnungspreise Berkeley konstant geblieben sind, sind die Preise in Mountain View um 15% gesunken. Es wird interessant zu sehen, wie weit dieser Trend noch geht, inwiefern sich Remote arbeiten etabliert und wie stark neben den Mieten auch die Gehälter sinken.

Mit der graduellen Öffnung der Wirtschaft kam auch der Verkehr wieder zurück. Die ersten Monate unter shelter-in-place waren die Straßen leer, einige Straßen wurden sogar für den Durchgangsautoverkehr gesperrt un Fahrradfahrern, Spaziergängern und Joggern mehr Raum zu geben um Abstand zu halten. Die Lebensqualität hat sich in diesen Aspekten in der Stadt sehr erhöht.

Die Schulen und Hochschulen werden auch im Herbst geschlossen bleiben. Wohlhabendere Familien setzten nun auf Eigeninitiative mit '“pandemic pods”: selbstorganisierten Kleingruppen, die einen Nachhilfelehrer anheuern, der die Kinder entweder bei den Online-Klassen der Schule unterstützt, oder sogar den Unterricht selbst abhält. Die Stadt San Francisco organisiert “learning hubs” für den Herbst, die vor allem ärmere Kinder in den Onlineklassen unterstützen sollen. Da viele arme Familienauf das kostenlose Schulessen angewiesen waren, verteilen die Schuldistrikte Essen an bedürftige Schüler.

Während Hotels und immer mehr Wohnungen leer stehen, steigt die Anzahl der Obdachlosen weiter an. In einigen Statteilen sind die Gehsteige komplett mit Zelten besetzt. Die Stadt hat daher bereits einige Tausend Obdachlose in leerstehenden Hotels untergebracht, doch es ist klar, dass dies keine langfrisigte Lösung darstellt. Mit Hilfe von privaten Spenden über ein Non-Profit versucht die Stadt San Francisco mehr Obdachlose in Wohnungen auf dem regulären Markt unterzubringen. Die Bewohner bezahlen 30% ihres Einkommen, der Rest wird von der Stadt oder über die Hilfsgelder übernommen.

Nicht jeder Arbeitnehmer in USA hat ein Anrecht auf bezahlte Krankentage. San Francisco hat zwar eine Notverordnung veranlasst, die Arbeitgeber verpflichtet, während der Krise auch Teilzeitkräften Krankentage zu bezahlen, doch diese erreicht nicht alle Bewohner. Gerade Niedrigverdiener in den Latino-Communities sind von Covid 19 überproportional betroffen, einige davon ohne Arbeitsgenehmigung. Das führt dazu, dass manche Arbeiter, die es sich nicht leisten können, zwei Wochen oder länger in Quarantäne kein Einkommen zu haben, trotz Coronasymptomen keinen Test machen und weiterhin zur Arbeit gehen. Um diese Personen zu unterstützen wurde das “Right to Recover” Programm umgesetzt, welches unbürokratisch zwei Wochen lang einen Betrag in Höhe des Mindestlohns basierend auf einer Vollzeitstelle an Betroffene auszahlt.

Julia Schütz